Wie eine Linkshändigkeit eigentlich entsteht ist den Wissenschaftlern noch weitgehend unklar.
Theorien wie des italienischen Psychiaters Cesare Lombroso (1835-1909), für den Linkshändigkeit ein Zeichen von „Degeneration“ und einem „Hang zum Verbrechen“ war, oder die Theorie, dass die Linkhändigkeit eine Folge mangelhafter Sauerstoffversorgung während der Geburt und folglich ein Hirnschaden sei, wie es der kanadische Neuropsychologe Paul Bakan noch Mitte des letzten Jahrhunderts vermutete, sind gottseidank seit einigen Jahrzehnten vom Tisch.
Auch die Annahme dass ein erhöhter Testosteronspiegel der Mutter in einem bestimmten Stadium der Schwangerschaft verantworlich die Entstehung einer Linkshändigkeit sei, konnte sich seit den 80er Jahren nicht beweisen lassen.
Lange Zeit schien es jedoch so, dass eine Linkshändigkeit genetisch bedingt ist.
Ohne, dass man allerdings herausfinden konnte, wie die Anlage zur Linkshändigkeit vererbt wird.
Rechtshändige Eltern
haben seltener linkshändige Kinder als linkshändige Eltern
In zwei Studien haben die beiden Engländer Chris McManus und Phil Bryden (1992) und der Amerikaner Walter McKeever in Jahr (2000) beispielsweise übereinstimmend festgestellt, dass rechtshändige Eltern seltener linkshändige Kinder haben als linkshändige Eltern und dass darüberhinaus linkshändige Mütter häufiger linkshändige Kinder haben als linkshändige Väter.
Daraufhin haben die Genetiker das Feld der Forschung übernommen. Allerdings herrschte auch hier Uneinigkeit:
- Gibt es ein einzelnes Gen, das die Menschen zu Rechthändern macht und wenn es fehlt wird der Mensch Linkshänder?
- Sind verschiedene zwei Gene für die Händigkeit und den Sitz des Sprachzentrums veranstwortlich?
Und nachdem die BBC im Jahr 2007 verkündete das Linkshändergen LRRTM1 sei endlich gefunden, mussten die Forscher im Jahr 2013 wieder einen Rückschlag einstecken: Der englische Genetiker John Armour hat bei einer großangelegten genetischen Untersuchung von fast 4000 Zwillingen dieses Gen nämlich nicht gefunden.
Ein harter genetischer Faktor wird ausgeschlossen
John Armour stellte fest, dass sich ein solches Gen bei diesem großangelegten Vergleich von Rechts- und Linkshändern nirgends hätte verstecken können, nicht zuletzt, weil die modernen Entschlüsselungsverfahren fast das ganze Genom abdecken.
Außerdem gibt es sogar bei eineiigen Zwillingen, die eigentlich genetisch identisch sein müssten, Paare, bei denen der eine Linkshänder ist, der andere Rechtshänder. Das kommt noch nicht einmal selten vor, sondern sogar bei jedem fünften Zwillingspaar, sagt Chris McManus, der selbst Vater solcher unterschiedlicher Zwillinge ist.
Ein sogenannter „harter genetischer Faktor“, so sagt der Genetiker John Armour, sei also auszuschließen. Armour geht jetzt davon aus, dass ein weicher genetischer Faktor eine Rolle bei der Händigkeit spielt und die Ausprägung von Rechts- oder Linkshändigkeit ein komplizierter Vorgang ist, bei dem mehrere Faktoren zusammenspielen müssen.
„Right hand, left hand“ von Chris McManus.
Das 2002 erschienene Buch des englischen Wissenschaftlers Chris McManus gibt einen guten Überblick über alle bis dahin gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Entstehung der Linkshändigkeit.
Leider wurde „Right hand, left hand“ nie ins Deutsche übersetzt und ist daher nur in Englisch erhältlich.
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